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Lädt die ambulante Pflege zum Betrügen ein?

Wie realistisch war der Tatort "Im toten Winkel" am Sonntag wirklich und

was hat die ambulante Pflege mit Betrug zu tun?

So wie jeden Sonntag ist um 20.15 Uhr der Tatort angesagt. Nach ein paar Minuten wurde deutlich, dass es um ein Thema geht, welches erstens viele Menschen betrifft und zweitens das ganze Pflegesystem hinterfragt.
Ich persönlich fand den Tatort sehr beunruhigend und traurig. Zu sehen, dass Menschen die ein Leben lang gearbeitet haben, kein Geld mehr übrighaben, um angemessen zu leben.
Die Verzweiflung bei den Beteiligten ist groß und wie im Tatort deutlich wurde, auch manchmal zu groß. 

Erst vor kurzem habe ich einen Artikel gelesen, bei dem es um die sogenannte "Pflegemafia" geht. Neun Angeklagte müssen eine Haftstrafe von bis zu sieben Jahren Haft absitzen, da sie einen millionenschweren Abrechnungsbetrug bei der ambulanten Pflege begangen haben.
Ärzte, Patienten und Pflegehelfer waren bei dem Betrug beteiligt. Über acht Jahre funktionierte der Betrug und er wäre vielleicht noch länger gegangen, wenn ein Steuerberater nicht auf Scheinrechnungen aufmerksam geworden wäre. 

230 ambulante Pflegedienste stehen unter Verdacht, betrügerisch abgerechnet zu haben.

Im Allgemeinen werden die Pflegedienste nicht ausreichend kontrolliert. Einmal im Jahr wird geprüft, wie hoch der Pflegeaufwand ist. Danach zahlt die Kasse zwölf Monate lang den festgesetzten Betrag.
Die Empfehlung des Betrages wird von einem Ermittler vom medizinischen Dienst der Krankenkassen festgelegt, welcher auch freiberuflich tätig sein könnte. Für so ein Gutachten bekommen Freiberufler 50€ von der Krankenkasse. Würde ihre Empfehlung nur eine Stufe höher ausfallen, als nötig, spült dies dem entsprechenden Pflegedienst pro Jahr einen 5-stelligen Betrag in die Kasse.
Dies ist natürlich nicht die Regel, aber selbst, wenn die Pflegebedürftigen in die richtige Pflegestufeeingeordnet werden, schließt dies weitere Vergehen nicht aus. 

Das große Problem ist, dass jede einzelne Handlung separat abgerechnet wird, indem ein Haken auf dem Abrechnungsbogen gemacht wird.
Beispiel: 2,20€ fürs Kämmen, 2,50€ fürs BH-Zuknöpfen, 4,35€ für 10 Minuten unterhalten.
Der Abrechnungsbogen wird von dem Patienten unterschrieben.
Doch ist der Patient in der Lage dies alles zu prüfen und nachzuvollziehen?
Wird ein nachträglicher Haken auf dem Bogen gesetzt, fällt dies dem Patienten aber auch den Krankenkassen nicht mehr auf. Denn sie überprüfen nur, ob die Leistungen und die Abrechnungen übereinstimmen. Ob die Leistung aber tatsächlich vollbracht wurde, steht auf einem ganz anderen Blatt. 

Es ist der Alltag, dass Pflegedienste mehr Pflegeaufwand dokumentieren, als im Endeffekt geleistet wird.
Den Krankenkassen ist dieses Vorgehen auch nicht fremd - doch das System ist schwer zu durchschauen. Am Schluss steht Aussage gegen Aussage. 

Vielleicht wäre es ein erster Schritt in die richtige Richtung, wenn das System bzw. die Abrechnungsbögen digitalisiert werden, um nachträglich nichts mehr hinzuzufügen.
Weitere Vorgehensweisen stehen auf dem Plan, doch es wird Zeit, dass diese auch in die Tat umgesetzt werden. 

Ich möchte noch einmal betonen, dass dies natürlich nicht auf alle Pflegedienste zutrifft und es auch viele gibt, die ihre Arbeit ehrlich und gewissenhaft erledigen.
Doch es muss stärker gegen die Betrügerei angegangen werden. 

Wie sehen Sie das? Haben Sie Erfahrungen mit solchen Situationen?